Es ist ja noch nicht einmal eine Woche her, dass BMW die Welt mit der Vorstellung des neuen M4 CS beschenkte. Garniert mit Pressebildern, die das Auto in hanebüchenen Driftwinkeln zeigen. Oder zumindest das, was man von dem Auto vor lauter Qualm noch sieht.

Beschwert wird sich darüber natürlich nicht. Ganz im Gegenteil. Denn egal ob mit oder ohne Rauch und Mega-Schräglage - das Halb-Hardcore-Coupé im neuen Frozen Isle of Man Grün mit den goldenen Felgen und den roten Bremssätteln entfesselte beim Autor dieser Zeilen ansatzlos diverse Haben-Wollen-Reflexe. Ob das nach der ersten Fahrt auf dem Salzburgring immer noch Bestand hat ... finden wir es heraus!


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Was ist das?

Sind Sie in der Einleitung zufällig über den Begriff "Halb-Hardcore-Coupé" gestolpert? Und haben sich gedacht: Was ist das für ein Quatsch? Nun, ich nehme jetzt mal stark an, als neues Trend-Segment wird sich diese Gattung eher nicht durchsetzen, beim M4 CS passt sie allerdings ganz gut. 

Denn er tritt weder der eigenen Wirbelsäule, noch dem Gehörgang so arg in den Hintern wie der M4 CSL von 2022, aber gegenüber einem herkömmlichen Basis-M4 sattelt er in der "Ich mach' jetzt mal ernst"-Skala dann doch noch ordentlich auf.  

BMW M4 CS (2024) im Test
BMW M4 CS (2024) im Test

Ein kurzer Plausch mit M4 CS-Projektleiter Robert Pilsl macht die Sache nochmal klarer: "Der M4 CSL ist eher kein 'All Day Driving Car', M3 CS und M4 CS dagegen sollen sowohl Rennstrecke als auch 'All Day Driving' können."

So, da haben Sie's: Ein bissl extrem darf es also schon sein, aber bitte nicht so viel, dass die berühmte Fahrt zum Bäcker in einen tagtäglichen Alptraum mutiert. Was das genau heißt? Die Rückbank bleibt drin und im Gegensatz zum CSL wird weder tiefergelegt noch fliegt so viel Dämmung raus, dass man den gesamten Stammbaum des gerade überfahrenen Kieselsteins bestimmen kann. Die rennigen Kugelgelenke an den Querlenkern spart man sich ebenfalls. Es bleibt bei Gummilagern.

Jetzt könnte der Nörgler behaupten: Mei schau, verlangens wieder 60.000 Euro Aufpreis für einen Frontsplitter, drei Carbon-Teile und ein paar schicke Logos. Und so gänzlich Unrecht hätte der Nörgler damit nicht, denn der M4 CS kostet horrende 160.000 Euro. Zur Erinnerung: Ein normaler M4 Competition ist 57.600 Euro günstiger. Und ebenfalls zur Erinnerung: Der M4 CSL, also der Über-Über-Spezial-M4, war vor 2 Jahren für 165.000 Euro zu haben. 

Bildergalerie: BMW M4 CS (2024) im Test

Sind es also wirklich nur die Carbon-Teile? Natürlich nicht! Wir hätten da zum Beispiel die CSL-Leistungsstufe mit 550 PS, wir hätten Allradantrieb und eine Gewichtsersparnis von - naja - 20 Kilo. Für die natürlich weitgehend besagte Carbon-Teile verantwortlich sind. Aber auch ein Titan-Endschalldämpfer, der immerhin 4 Kilogramm abschabt. 

Ansonsten hat man sich - auch ohne tiefer zu legen - relativ eingängig mit dem Fahrwerk beschäftigt. Es gibt neue Federn, Dämpfer und Stabis, mehr Negativ-Sturz vorne, leichtere Räder (ebenfalls minus 4 Kilo) sowie eine optionale und sehr große Strebe im Motorraum, die ordentlich versteift. Alle Fahrdynamik-Systeme wurden auf die neuen Komponenten hin angepasst. Die unumgängliche Nordschleifenzeit? 7 Minuten und 22 Sekunden. Damit ist er weniger als vier Sekunden langsamer als der M4 CSL und gut 10 Sekunden schneller als ein M4 Competition. 

Schnelle Daten BMW M4 CS
Motor Reihensechszylinder-Biturbo; 2.993 ccm
Getriebe 8-Gang-Automatik
Antrieb Allradantrieb
Leistung 405 kW (550 PS) bei 6.250 U/min
Drehmoment 650 Nm bei 2.750 - 5.950 U/min
Basispreis 160.000 Euro

Exterieur

BMW hat seinen Kohlefaser-Ofen für den CS mal wieder ein paar Extra-Schichten schieben lassen. Neben dem Frontsplitter und der Haube (minus 1,5 Kilogramm), die sie so an einem normalen M4 nicht kriegen gibt es auch Carbon-Lufteinlässe, -Spiegel, -Heckdiffusor und -Spoilerlippe auf dem Heckdeckel.

Ansonsten erkennen Sie an meinem schlumpfblauen Testwagen die neuen Facelift-Scheinwerfer, deren gelbe Leuchten Sie an einem herkömmlichen M4 definitiv auch nicht bekommen. Falls Sie scharf auf die Räder sind: Code 827M - wahlweise in Schwarz oder Gold. Vergessen wollen wir auch die rattenscharfe CSL-Niere nicht. Das beliebteste Tuner-Nachrüstteil ist hier Serie.

Abmessungen BMW M4 CS
Länge x Breite x Höhe 4.801 mm x 1.918 mm x 1.399 mm
Radstand 2.857 mm
Leergewicht 1.835 kg
Kofferraumvolumen 440 Liter
Zuladung 430 kg
Anhängelast ähm ... nein!

Interieur

Wichtigstes CS-spezifisches Bauteil im Innenraum ist sicher die neue CFK-Mittelkonsole, die reichlich cool aussieht und 4 Kilo Gewicht spart. Aber Sie wissen ja, wer schön sein will, muss leiden und leiden wird hier vor allem der eigene Arm, weil eine Armablage nun durch völlige Abstinenz glänzt. Kennen wir ja schon von früheren CS-Modellen und dem CSL. Auf der Rennstrecke völlig egal, auf der 4-stündigen Autobahnetappe gibt es durchaus Schöneres.

BMW M4 CS (2024) im Test
BMW M4 CS (2024) im Test
BMW M4 CS (2024) im Test

Desweiteren erwartet der M4 CS seine erlauchte Klientel mit einem neuen, unten abgeflachten (warum???) Alcantara-Lenkrad sowie Carbon-Schalensitzen, die es so auch im normalen M4 gibt, aber nicht mit dem schicken, schwarz-roten Bezug. Für Statements aus früheren Tests, in denen ich über den Performance-Sitz fluchte wie ein Rohrspatz, bitte ich zumindest teilweise um Entschuldigung. Ich weiß nicht, ob mein Sitzfleisch resilienter oder ich generell weniger mimosig geworden bin, aber jetzt fühlte sich der heiße Stuhl relativ okay an. Dass er auf der Strecke zupackt wie ein Schraubstock, versteht sich glaube ich von selbst. 

Ein Wort noch zum Facelift-Interieur an sich: Vorher fand ich es schöner. Sowohl, was das Layout des Armaturenbretts betrifft als auch hinsichtlich der ungewohnt windigen Knopf-Schalter an den Lüftungsdüsen. 

Fahrbericht

Ah, was ich bisher noch verschwieg: Im CS erhält der Trackday-Afficionado auf Wunsch den radikalen Michelin Pilot Sport Cup 2 R, der heftiger klebt als liberale Parteien an Regierungsbeteiligungen. Serienmäßig ist der Cup 2 ohne "R" verbaut. Wer bei stärkeren Regengüssen nicht direkt davonsurfen will, kriegt auf Wunsch aber auch einen UHP-Reifen wie etwa den Michelin PS 4S. 

Weil das Wetter beim Testtermin am Salzburgring glücklicherweise ein Herz für brachialen Grip hatte, konnte bei strahlendem Sonnenschein besagter Cup 2 R aufgezogen werden. Die Wirkung dieses schwarzen Goldes (im wahrsten Sinne übrigens, denn ähnlich schnell schmilzt der Edel-Pneu dahin) führt zu einer wahren Aneinanderreihung durchdringender Wow-Momente. So dämlich kann man eine Kurve kaum anfahren, dass das Auto nicht einfach wie festgetackert im Boden steckt und ohne einen Hauch zu versetzen auf der anderen Seite wieder rausschießt. 

Die BMW-Ingenieure hatten anfangs etwas Bedenken, weil sie den Superkleber-Michelin bisher nie in Verbindung mit Allradantrieb abgestimmt hatten, sahen dann aber relativ zügig, dass dies eine recht einträgliche Verbindung ist. In dieser Konstellation spürt man die Track-Attitüde des Autos dann auch noch besser.

Man weiß ja, dass der M-Allrad sehr gerne sehr hecklastig ist. Da kann man im MDM-Modus mit dem gelockerten ESP durchaus mal ein wenig rutschen gehen. Hier hingegen muss man wirklich komplett ans Limit und das Auto fast schon überfahren, um die irrsinnige Traktion auch nur minimal zu brechen.

BMW M4 CS (2024) im Test
BMW M4 CS (2024) im Test
BMW M4 CS (2024) im Test

Belohnt wird man dann mit einem leichten Slide, der gleichzeitig gut nach vorne pusht. Geiles Gefühl. All das wohlgemerkt auf der Strecke, mit der Absicht eine vernünftige Linie zu fahren. Wenn Sie teuren Gummi in heroische Rauchschwaden verwandeln wollen, wird Ihnen dieses Auto definitiv keine Steine in den Weg legen, der 2WD-Modus ist ja auch hier an Bord und an Kraft mangelt es nun wirklich nicht. 

Also wirklich wirklich nicht. Meine Herren (und meine Damen natürlich auch), wie fix schiebt der Dreiliter-Biturbo in dieser Boss-Konfiguration Landschaft aus dem Weg! Dass hier 40 PS mehr anreißen als im M4 Competition mag nicht wie die Welt klingen - das Drehmoment bleibt ja gleich und seien wir ehrlich, die 20 Kilo Gewichtsersparnis sind mehr als vernachlässigbar. Aber das Mehr an Wucht ist vor allem in den oberen Regionen des Drehzahlbereichs deutlich spürbar. Da fährst du dem Hecktriebler dann schon gut um die Ohren. 

Ein weiteres Schmankerl sind die Geräusche, die dem Titan-Endschalldämpfer entfleuchen. Es trötet merklich bassiger und voluminöser aus den vier blau anlaufenden Endrohren. Am Getriebe ist beim CS dagegen nix passiert. Es passt auch so. Eine Doppelkupplung aus Zuffenhausen ist immer ein bisschen trockener und schneller, aber wenn man den ZF-Automaten auf die heftigste der drei Stufen stellt, dann rappelt es auch hier peitschenartig im Karton. 

Kritik? Die gibt es schon, ja. Der M4 CS eignet sich durchaus vortrefflich als Tracktool, verstehen Sie mich nicht falsch. Das funktioniert alles 1A und ist sauschnell und macht auch jede Menge Bock. Aber er bleibt ein 1.835 Kilo schweres Mittelklasse-Coupé und obwohl man wirklich verdammt gut (und auf Wunsch verdammt tief) drinsitzt, ist immer noch ein bisschen Luft zwischen Fahrer und dem, was ihm von der Straße in die Hände gefunkt wird. 

Das liegt für mich auch weiterhin ein Stück weit am Lenkradkranz, der inzwischen wulstiger ist als die dickste Münchner Weißwurst. Die Lenkung selbst ist einmal mehr sehr schnell und unmittelbar, aber eben auch etwas tauber als erhofft. 

Auf der anderen Seite muss attestiert werden, dass sie wohl mit keinem reinrassigen Sportwagen, der dieses letzte Fünkchen mehr Schärfe besitzt, so entspannt durch den Alltag heizen wie mit diesem M4. Anders als der CSL federt er nämlich nicht wie ein Möbelhund, sondern ganz im Gegenteil bewundernswert feinfühlig und gut. 

Fahrleistungen BMW M4 CS
0-100 km/h 3,4 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 302 km/h
WLTP-Verbrauch 10,2 Liter
Emissionen 232 g/km CO2
Nordschleife-Zeit 7:22 Minuten

Wissenswertes

Gehen Sie mal ziemlich stark davon aus, dass dieses oder spätestens im nächsten Jahr auch ein entsprechender M3 Touring die CS-Familie ergänzen wird. Wir haben zwar schon auffällige Erlkönige gesehen, aber wer weiß, was die Herrschaften am BMW-Testcenter Nürburgring alles zusammenbauen, wenn ihnen langweilig ist. Von daher fragte ich nochmal nach und erntete das übliche Grinsen, das von Offiziellen so gegrinst wird, wenn etwas im Busch ist, sie aber noch nichts sagen dürfen. 

Fazit: 8,5/10

Besonders mit den Michelin Cup 2 R auf der Strecke ein absolutes Viech mit unerschütterlichen Traktionsreserven und fühlbar mehr Punch als im herkömmlichen M4. Im Handling dafür gefühlt näher am M4 Competition als am deutlich extremer ausgelegten M4 CSL. Demgegenüber allerdings uneingeschränkt alltagstauglich mit überraschend hohem Komfort-Niveau. 

Für mich könnte - die alte (und einzige) Krankheit bei M3/M4 - mehr Echtheit und Touch in der Lenkung vorhanden sein und natürlich ist er sündhaft teuer. Wer einen der unter 2.000 Stück haben will (produziert wird bis nächsten Juni), wird sich aber jetzt schon strecken müssen.