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Als Konrad Zuse „der eigenen Faulheit wegen“ den Computer erfand

Das Computerzeitalter begann nicht im kalifornischen Silicon Valley, sondern in Berlin-Kreuzberg. Dort konstruierte Konrad Zuse Ende der 1930er die erste, noch mechanisch arbeitende Rechenmaschine. Am 12. Mai 1941 legte er mit dem „Z3“ nach, dem ersten Digitalrechner der Welt.
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1989 präsentierte Konrad Zuse in Berlin einen Nachbau seiner im Zweiten Weltkrieg zerstörten Rechenmaschine Z1
1989 präsentierte Konrad Zuse in Berlin einen Nachbau seiner im Zweiten Weltkrieg zerstörten Rechenmaschine Z1
Quelle: picture-alliance/gms/dpa

Faulheit kann Leben retten, lautet eine launige Redensart. Bequemlichkeit kann indes auch der Antrieb dazu sein, eine Erfindung zu erschaffen, die leidige, komplexe Rechenarbeiten erledigt – und dabei so bahnbrechend ist, dass sie die ganze Welt verändert. Dazu ist allerdings zunächst viel Tüchtigkeit, Ideenreichtum und Können gefragt, wenn nicht gar Genialität. Wie im Fall von Konrad Zuse.

Der Sohn eines Beamten und einer Näherin wurde 1910 in Berlin geboren und wuchs in Ostpreußen auf. An der Technischen Hochschule in Berlin absolvierte er ein Studium zum Bauingenieur; nach seinem Diplom im Jahr 1935 arbeitete er bis 1937 als Statiker bei den Henschel-Flugzeugwerken in Berlin-Schönefeld. Die zeitaufwendigen statischen Berechnungen, die es dabei auszuführen galt, empfand er als lästig. Also wollte er ein technisches Hilfsmittel konstruieren, das ihm solche ungeliebten Aufgaben abnehmen konnte.

Kurzerhand okkupierte er dafür das Wohnzimmer seiner Eltern in Berlin-Kreuzberg, entwarf und baute dort 1936 bis 1938 eine Maschine, die stolze vier Quadratmeter groß war. Familie und Freunde halfen Zuse, mit der Laubsäge schnitt Vater Emil etliche Blechteile zurecht. Am Ende bestand der riesige, lärmende Apparat aus Glasplatten, Walzen und Kurbeln, zweckentfremdeten Teilen wie einem Staubsaugermotor sowie zehntausenden Blechscheiben, die gestapelt und von Metallstiften gehalten wurden. Die Scheiben-Blöcke bildeten Rechenwerk oder Arbeitsspeicher.

Das Ergebnis war der erste, noch mechanisch arbeitende Computer, die erste programmgesteuerte Rechenmaschine, welche Zuse auf den Namen „Z1“ taufte. Der Apparat nahm vieles vorweg, was später bei Computern ein Standard werden sollte: das Arbeiten mit binären Zahlen und das Einlesen von Programmen mittels gelochter Zelluloidstreifen als Vorläufern von Lochkarten aus Papier.

Dass er damit ein neues Zeitalter eingeläutet hatte – „der eigenen Faulheit wegen“, wie er später resümierte, war Zuse durchaus bewusst. Er prognostizierte gar, dass eine Rechenmaschine in 50 Jahren den Schachweltmeister besiegen würde. Damit lag er sogar ungefähr richtig: Einem Computer namens Deep Blue sollte es 1996 tatsächlich gelingen, den damaligen Schachweltmeister Garri Kasparow zu bezwingen.

Der Z1 war für Zuse nur der Anfang, 1940 startete er in die Selbstständigkeit und gründete mit der Zuse Apparatebau Berlin KG die erste Computerfirma der Welt. Da der Z1 zwar grundsätzlich funktionierte, aber recht störanfällig war, entwickelte Zuse ein Nachfolgermodell, den Z2. Die mechanischen Schaltglieder, die sich oft verhakten, ersetzte er nun durch elektromechanische Relais.

Auf diese setzte Zuse auch, als er mit dem Z3 nachlegte, der von der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt mitfinanziert wurde. Diese hatte den Z2 begutachtet, der wie Z1 noch privat finanziert worden war. Am 12. Mai 1941 präsentierte Zuse den Z3 als ersten funktionsfähigen Digital-Universalrechner der Welt. Dann begann er im Auftrag des Reichsluftfahrtministeriums mit dem Z4. In den letzten Kriegsjahren wurden Z1 und Z3 bei Bombenangriffen zerstört. Z4 konnte Zuse in Sicherheit bringen.

Nachbau des Z3 von Konrad Zuse
Nachbau des Z3 von Konrad Zuse
Quelle: picture alliance/dpa/Tim Brakemeier

In den USA und weiteren Ländern wird jedoch nicht Zuses Rechner, sondern der in den 1940ern entwickelte „ENIAC“ als weltweit erster Digitalcomputer angesehen, was mit der Frage nach der genauen Definition von „Computer“ zu tun hat. Das Argument: ENIAC arbeitete mit Röhren statt Relais, war somit im Gegensatz zum Z3 der erste elektronische Digitalrechner. Er wurde von den Forschern John William Mauchly und John Presper Eckert für das US-Militär entwickelt. Gegen Zuses Patentanmeldung für den Computer erhob in der Nachkriegszeit unter anderem IBM Einspruch, das Patent wurde nicht erteilt. Wie auch dutzende weitere Patentanmeldungen, die Zuse einreichte, abgelehnt wurden. Lediglich acht Patente gestand man ihm zu.

Nicht nur die Ehrung als „der Erste“, auch unternehmerischer Erfolg mit seiner 1949 gegründeten Zuse KG blieb dem Erfinder weitgehend verwehrt, auch wenn er hunderte weitere Computer und mit dem „Graphomat Z64“ den ersten Plotter baute. Sein Unternehmen ging schließlich im Siemens-Konzern auf, wo Zuse 1966 als Gesellschafter ausstieg und sich später als „gescheiterten Kapitalisten“ bezeichnete.

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Vielleicht fehlte ihm der nötige unternehmerische „Biss“, um das große Geld zu machen – Zuse war eher eine Künstlernatur, im Beruf wie privat. Schon als Schüler zeichnete er Karikaturen und arbeitete während der Studentenzeit als Werbezeichner. Später wurde die expressionistische Malerei seine große Leidenschaft. Für seine zahlreichen Ölgemälde wählte er das Pseudonym „Kuno See“.

Am Ende blieb Zuses visionäre Arbeit aber beileibe nicht ohne Würdigungen; vielmehr wurde er später mit Ehrungen förmlich überhäuft. Darunter waren acht Ehrendoktorwürden und der Eduard-Rhein-Preis, der an herausragende Persönlichkeiten aus den Bereichen Technologie und Kultur vergeben wird. Zuse erhielt ferner das Bundesverdienstkreuz mit Stern. Auch wurden in mehreren deutschen Städten Straßen nach ihm benannt.

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Quelle: N24 Doku

Über Jahrzehnte blieben Computer tonnenschwere, schrankgroße und sehr teure Objekte, die nur Experten bedienen konnten und ausschließlich im professionellen Umfeld Anwendung fanden. In den frühen 1980ern begann schließlich mit legendären Maschinen wie Commodores C64 und Amiga, dem IBM-PC und Apples MacIntosh die Ära der Heimcomputer.

Nachbauten der bei Bombenangriffen zerstörten Zuse-Rechner befinden sich heute im Deutschen Technikmuseum in Berlin (Z1) und im Deutschen Museum in München (Z3). In Berlin-Kreuzberg erinnert eine Gedenktafel an Zuses Entwicklungsarbeit in den kriegszerstörten Häusern Methfesselstraße 10 und 7.

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